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Illegale Flugschriften

Mit der Ausschaltung der sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaften durch das autoritäre  Dollfuß-Schuschnigg-Regime, der Beschlagnahme der Partei- und Gewerkschaftsgelder im Februar 1934 war auch die Infrastruktur von Vereinen, Genossenschaften, Bildungseinrichtungen, Zeitschriften und Druckereien der Sozialdemokratie zerstört worden. Zehntausende waren dadurch vom Zugang zu Informationen abgeschnitten.

Für die in die Illegalität gedrängten Organisationen wurden Streuzettel und Tarnbroschüren zu einem der zentralen Kommunikationsmittel. Herstellung, Verbreitung und Besitz waren verboten. Auf „illegale“ Betätigung stand „Hochverrat“. Es drohte Gefängnis, Anhaltelager, Verlust des Arbeitsplatzes, sowie Streichung der Alters- und Wittwenpension.

Die Rote Post vom 22. August 1934 berichtet, dass einem Bundesbahnpensionist, der wegen dem Besitz eines Bildes von Georg Weissel und Kolomann Wallisch zu acht Tagen Arrest verurteilt worden war, zwei Monate später die Pension entzogen wurde. Paula Wallisch wegen der Verteilung von Lebensmitteln zu einem Jahr Kerker verurteilt.


Presse- und Meinungsfreiheit

Am 7. März 1933 verordnete die Regierung auf Basis des aus dem ersten Weltkrieg stammenden Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetztes „Maßnahmen zur Hintanstellung der mit einer Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verbundenen Schädigungen des wirtschaftlichen Lebens“ und führte damit „eine Art Vorzensur [ein], die aber nach außen hin als solche nicht in Erscheinung treten dürfe, weil verfassungsmäßig jede Zensur ausgeschlossen sei“.

So konnte nach §1 den Zeitungen eine Vorlagepflicht der jeweiligen Ausgaben zwei Stunden vor deren Verbreitung angeordnet werden. Diese Bestimmung wurde auch auf die Vorlage in Druckereien ausgeweitet. Die Verfügungen konnten laut §3 „insbesondere dann getroffen werden, wenn die strafbare Handlung, die zur Beschlagnahme Anlass gegeben hat, unmittelbar oder mittelbar, namentlich auch durch die Verletzung des vaterländischen, religiösen, oder sittlichen Empfindens eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit herbeizuführen geeignet war.“ Das Strafmaß reichte von 2000 Schilling bis zu 3 Monaten Arrest, wobei Mehrfachbestrafungen nicht ausgeschlossen waren. Darüber hinaus konnte der Verlust der Gewerbeberechtigung, wie auch der Verfall der Druckwerke verhängt werden. Die Einspruchsmöglichkeit gegen diese Strafbescheide war dabei erst ab einer Höhe von 200 Schillig, einer Arreststrafe von mehr als 14 Tagen, oder dem Entzug der Gewerbeberechtigung möglich.
Kurz darauf kam es zu einer Verschärfung der Zensurbestimmungen als auch einer Ausweitung auf die Zurschaustellung von Druckwerken, bildlichen Darstellungen und Flugblättern.

Am 10. Juni 1933 verabschiedete die Regierung eine Verordnung „betreffend besonderer Maßnahmen gegen den Mißbrauch der Pressefreiheit.“ Dadurch bestand die Möglichkeit, die Kolportage von Zeitungen nach der zweiten Beschlagnahmung für drei Monate zu verbieten. Weiters griff man selbst in die inhaltliche Gestaltung von Druckwerke, die mindestens einmal in der Woche erschienen, ein. Diese wurden verpflichtet, amtliche Verlautbarungen abzudrucken. Bei Förderung verbotener Parteien konnte ohne Vorwarnung die Gewerbeberechtigung entzogen werden. Ebenso gab es spezielle Bestimmungen und Verbote für ausländische Presse.

Ab Oktober 1934 wurde die offizielle Herausgabe einer Zeitschrift, die wenigstens einmal im Monat erschien, an eine besondere Bewilligung geknüpft. Übertretungen wurden mit bis zu 10.000 Schilling oder bis zu 6 Monaten Arrest bestraft. Ein Befähigungsausweis für die Konzession für den Handel von Presseerzeugnissen und Bestimmungen für den Verleih von Schriften folgte. Die Maßnahmen zur Bekämpfung staatsfeindlicher Druckwerke wurden verschärft und auf den Rundfunk ausgeweitet. Die Verbreitung von Druckwerken, die eine Schmähung Österreichs darstellen, konnte untersagt werden. So wurde Der brave Soldat Schwejk von Jaroslav Hašek verboten, weil „hier die Drückebergerei verherrlicht und staatliche Institutionen lächerlich gemacht werden“.
Das Bundesgesetz zum Schutz des Staates vom Juli 1936 war insofern auch für den medialen Kontext relevant, als das gesamte Umfeld wegen Unterstützung bewaffneter oder militärisch organisierter Gruppen angeklagt werden konnte. Mit der Einrichtung der Pressekammer, die ihre Tätigkeit am 4. November 1936 aufnahm, und der Einrichtung des Standesstrafsenates im Juli 1937 war die nach Artikel 26 (1) der Verfassung von 1934 gewährleistete Meinungs- und Pressefreiheit weitgehend beseitigt.

Nach dem Verbot der kommunistischen Partei, im Mai 1933, der Ausschaltung der sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaften im Februar 1934 und der Beschlagnahmung der Partei- und Gewerkschaftsgelder, war auch die Infrastruktur von Vereinen, Genossenschaften, Bildungseinrichtungen, Zeitschriften und Druckereien der Opposition zerstört worden. Zehntausende waren dadurch vom Zugang zu Informationen abgeschnitten.

Streuzettel und Tarnbroschüren wurden für die illegalen Organisationen zu einem der zentralen Kommunikationsmittel.
   
 

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Tarnbroschüren:


Um die verbotenen oppositionellen Schriften unkenntlich zu machen, wurden diese von den jeweiligen Untergrundorganisationen in unverdächtige Umschläge eingefasst. Meistens waren auch die ersten und letzten Seiten der Broschüren Tarnung. Gedruckt wurde das Material bis 1937 zumeist in der tschechoslowakischen Republik, wo sich auch das Auslandsbüro der Parteileitung befand.

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 Streuzettel:


Streuzettel waren meistens so klein, dass sie leicht von einer Handfläche verdeckt werden konnten. Sie wurden im öffentlichen Raum verstreut, oder von Hand zu Hand weitergegeben.
Es gab eine Vielzahl von Streuzetteln mit Kurzenachrichten, Parolen oder Symbolen. Leicht zu transportieren und zu verbreiten, dienten sie dazu, der Existenz der sozialistischen Opposition im Austrofaschismus öffentlich Ausdruck zu verleihen. In Blitzaktionen wurden tausende Streuzettel unter die Bevölkerung gebracht.  

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